Donnerstag, 4. Dezember 2008

Adventgedanken - knapp vor Halbzeit

Einige Tage vor dem 2. Adventsonntag ist von der vorweihnachtlichen Stimmung noch wenig bis garnichts zu bemerken. Da werden Fluglinien verscherbelt und Pillendiskussionen geführt - weihnachtliche Stimmung verbreitet niemand.
Adventmärkte
Erster Einwand: Es gibt doch so viele Adventmärkte. Stimmt, die Adventmärkte haben einen Zulauf, der - wie fast alles - von Jahr zu Jahr wächst. Und Adventmärkte haben auch eine ganz besondere Stimmung: Leute, die sonst meist unter Kontaktscheue leiden (also ganz normale Mitteleuropäer, zum Beispiel), drängen sich zwischen den Ständen und zwängen sich aneinander vorbei, dass jedes Huhn seine Legebatterie als unendliche Weite empfinden würde, könnte es das sehen. Aber Hühner in Legebatterien gibt es ja - der heilbringenden EU sei dank - inzwischen nicht mehr. Dafür dürfen unsere Eier jetzt von Freilandhühnern gelegt werden und jeder vernünftig denkende Mensch kann sich vorstellen, wogegen man diese alles impfen muss.
Impfung
Neben den alljährlichen Weihnachtsmärkten sind auch die alljährlichen Infektionskrankheiten fixer Bestandteil des Advent. Wir dürfen uns davon überraschen lassen, welche Viren uns für den Rest des Winters noch beschäftigen werden. Ein Virus scheint die meisten Menschen heute garnicht mehr zu beschäftigen: HI - Human Immundeficiency. Der Welt-Aids-Tag ist den meisten Medien nur mehr eine Fußnote in den Nachrichten wert gewesen und wer nicht gerade Arte laufen hatte, als er seine Fernbedienung verlegte, hat vermutlich kaum etwas davon mitbekommen: Sinkendes Problembewusstsein und die Illusion, man könne ja inzwischen ohnehin ganz gut mit dem Virus leben, führen dazu, dass die Neuinfektionen steigen. Und die Medikamente bleiben immer noch denen Vorbehalten, die sich die Lizenzgebühren leisten können.
Die Lizenzen etwa für afrikanische Länder freizugeben wäre schon eine Lösung, aber das kann man doch der Pharma-Industrie nicht zumuten, nur wegen ein paar ...
Zynismus
Nein, nicht zynisch werden - ist ja Advent! Ab Stefani gehts dann wieder. Ist es nicht das, was einen braven Katholiken ausmacht? Am Beginn des Winters besinnlich sein, Kekse essen und in friedlicher Stimmung bleiben, auch wenn noch so viele Kardinäle versuchen, zu provozieren. Am Ende des Winters fasten, auch wenn der Körper noch so sehr nach Energie verlangt. Und zum Zynisch-Sein ist irgendwo im Jahreskreis noch Zeit! Der wahre Zynismus aber wartet nicht und er ist auch nicht in irgendwelchen schnippischen, frechen Aussagen in Gesprächen oder Texten - der wahre Zynismus ist im Handeln, der wird in die Tat umgesetzt. Die Medikamente, die zu teuer sind für die, die sie brauchen würden - die sind der wahre Zynismus. Die Milliarden für Banken aus den Geldern der Steuerzahler - die sind der wahre Zynismus.
Fazit
Wir brauchen keinen zynismusfreien Raum für unsere Sprache, wir brauchen eine zynismusfrei Politik und eine zynismusfreie Wirtschaft.