Donnerstag, 28. Mai 2009

Wahlbeobachtung

ÖH-Wahlen sind für mich kein besonderes Erlebnis mehr, eher Nostalgie, würde ich mal sagen. Doch was ich heute erleben durfte, das hat mich seit langem wieder einmal wirklich herzhaft lachen lassen.
Wie unter TheologInnen gute Sitte, wird alles, wo man sich treffen könnte, mit einer kleinen Mini-Agape aufgepeppt, so hat unsere Fakultätsvertretung auch das Wählen mit einer kleinen Einladung auf Kaffee und Kuchen ergänzt, die ich natürlich angenommen habe.
Nun sitze ich, vielleicht eine viertel Stunde vor Wahlschluss, vor dem Wahllokal bei Kaffee und Kuchen mit zwei Studierendenvertretern von der Fakultätsvertretung und plaudere ein wenig. Am Tisch die großteils schon leeren Thermoskannen, ein Kaffeebecher steht vor mir, ich habe Kuchen in der Hand, am Rande stehen noch leere Milchpackungen und ein paar benutzte Becher und der letzte verbliebene frische Becher. Vor dieser Kulisse spielte sich dann die folgende Szene ab:

Aus dem Off nähert sich ein korpulenter Herr, vermutlich Mitte 20, in einem rosa Hemd und mit einem gefalteten A4-Blatt in der Hand. Er steuert direkt auf den männlichen Fakultätsvertreter mir gegenüber zu und erkundigt sich:
- "Seids ihr von der Katholischen Theologie?" Der Fakultätsvertreter bejaht, worauf der Herr ihm das gefaltete A4-Blatt aushändigt und auf das verdutzte Gesicht hin hinzufügt:
- "Ja, ich bin von der JES, ich bin jetzt hier her entsandt worden, um zu beobachten."
Der sichtlich irritierte Fakultätsvertreter beäugt das A4-Blatt, während ich schon nicht weiß, wo ich jetzt hinschauen soll, um nicht vor lauter Lachen vom Sessel zu fallen. Dann bedeutete der Fakultätsvertreter, er könne gerne beobachten, aber wir trinken hier nur Kaffee. Die Fakultätsvertreterin neben mir klärte dann den JES-Wahlbeobachter darüber auf, dass das hier ein Kaffeestand ist und er die Wahlkommission im Wahllokal drinnen finden würde.
Ich hätte mir nie gedacht, dass ich das einmal sagen würde, aber
JES, you made my day!

Sonntag, 17. Mai 2009

Psycho... Ein kleiner Erfahrungsbericht nach einer Surftour durch die Schulen der Psychotherapie.

Laut ExpertInnen wächst der Anspruch an den Religionsunterricht, den seelsorglichen Aspekt immer mehr zu bedienen. Ich merke zwar in meiner Praxis nicht besonders viel davon, aber habe mich trotzdem einmal im Internet schlau darüber gemacht, was denn die Schulen der Psychotherapie so alles zu bieten haben. Und die Adresse einer guten Therapeutin oder eines guten Therapeuten zu haben, hat ja noch niemandem geschadet.
Das erste mal stutzig wurde ich, als mir die meisten verwendeten Methoden der Therapeuten, die im Internet auffindbar waren, seltsam bekannt vorkamen: Aufstellungsspielchen, Traumdeuterei und natürlich das therapeutische Gespräch mit den unterschiedlichsten Schattierungen sind immer noch die Renner. Um das Gespräch wird man wohl nicht herumkommen, eine Therapie ohne Gespräch ist wahrscheinlich wirkungsloser als es ein Placebo-Medikament je sein könnte. Doch: Was soll der ganze Rest hier? Muss die Interdependenz des Klienten so breitgetreten werden? Welches Menschenbild steht dahinter, dass man den wachen und nüchternen Patienten nicht mehr als Ausgangsbasis für therapeutisceh Erfolge sehen kann?
Das brachte mich zur nächsten Frage: Wie wird das Therapieverhältnis gesehen? - es handelt sich schließlich dabei um eine ganz außergewöhnliche Form der Beziehung. Da war eigentlich eigentlich das ganze Spektrum vertreten, angefangen mit Grundsätzen in der Art "Der Therapeut verhält sich zur Psyche des Klienten wie der Installateur zum Abflussrohr" bis hin zur starken Betonung des empathischen Einfühlungsvermögens der Therapeuten. Das Schockierende daran: bei einigen Richtungen konnte man Anzeichen für das ganze Spektrum innerhalb eines therapeutischen Ansatzes finden, was ich beim besten Willen nicht als Zeichen für hohes Reflexionsniveau werten kann.
Die Zielformulierungen der therapeutischen Richtungen sind an Schwammigkeit nur mehr von Politikerreden übertroffen: Irgendwie ist zwar der Patient immer der, der die Lösung hat, kennt und mit Hilfe des Therapeuten findet, aber bei genauerem Hinsehen entpuppt sich jede Therapierichtung einfach nur als der Beginn eines wahnsinnigen Ego-Tripps.
Insofern kann ich nur ein Resümee aus dieser langen Nacht der Therapie-Homepages ziehen: Mehr Seelsorge, weniger Psychologie!

Mittwoch, 8. April 2009

Roma locuta und so - ein Palmsonntagsgottesdienst

Nun bin ich zur Einsicht gelangt, dass der Beiname "Ewige Stadt" vor allem deshalb gerade Rom zugedacht wurde, weil man hier ewig lange warten kann, um dann wenig zu sehen, ewig viel Zahlen kann, um dann eine Andeutung von einem Kaffee zu bekommen und vor allem ewig braucht, um von einem Ort zum anderen zu kommen.
Aber zum Thema: Der Palmsonntagsgottesdienst am Petersplatz
Zuerst einmal zum Termin: Dieser Gottesdienst fand zu meiner großen Überraschung tatsächlich am Palmsonntag und tatsächlich am Vormittag statt. Das ist bei päpstlicher Liturgie nicht wirklich selbstverständlich, der vatikanische Feierkalender hat zwischen Kreuzigung und Auferstehung mit viel Glück grade mal 20 Stunden.
Der Feierverlauf entsprach den Erwartungen, es gab keine liturgischen Eigenwilligkeiten und abgesehen von einer Fürbittensprecherin, die ihre Fürbitte in Suaheli vorgetragen hat, gab es auch keine Gründe, sich die Ohren zuzuhalten.
Der Plebs aber, das einfache Fußvolk, war ein Unterhaltungsprogramm für sich. Einige hätten am liebsten die Leinwand abgeknutscht, wenn der Papst im Bild war, anderen wiederum hätte statt einer Messe ein Pappendeckelpapst, neben dem sie sich photographieren lassen können, auch gereicht. Dazwischen einzelne Verrückte, die tatsächlich immer wieder glauben, in einem solchen Umfeld könne man würdig an einem Gottesdienst teilnehmen.
Ein besonders unwürdiges Schauspiel bot die Austeilung der Kommunion, die ein bisschen die Züge einer Wildtierfütterung annahm. Manche drängten sich an die Absperrung heran und streckten dem Priester die Hände entgegen, andere hatten gerade noch den letzten Bissen vom BigMac heruntergeschluckt und streckten die Zunge für die Mundkommunion aus. Die Priester auf der Seite des Platzes, wo ich das beobachtete, haben sehr unterschiedlich reagiert. Während auf der anderen Seite ein sichtlich genervter Priester beim schnellen Vorbeigehen so ca. in jede dritte Hand eine Hostie legte, bemühten sich auf unserer Seite zwei Priester, trotz des Gedränges und des Gerangels einen halbwegs würdigen Kommunionempfang zu ermöglichen.
Über Masseneucharistiefeiern muss man wirklich nachdenken. Scheinbar tut man das auch, aber in eine falsche Richtung: Man plant bereits den nächsten Weltjugendtag in Madrid 2011.

Dienstag, 24. März 2009

Promiskuitive Prominenz und andere Plagen der Gegenwart

Verona musste eine Hausdurchsuchung über sich ergehen lassen, obwohl die eigentlich leidtragende doch wohl die Haushälterin ist, die nachher wieder zusammenräumen muss. Letterman hat heimlich geheiratet, Lindsay Lohan hat wieder einmal ein Auto geschrottet, vermutlich hat sie wiedermal vergessen, dass es beim Autofahren kein Playback vom Tonmeister eingespielt wird, Bruce Willis heiratet und will im Gegensatz zu Michael Jackson kein Kind adoptieren.
Eine schwedische Autofahrerin hatte zwischen Stockholm und Oslo eine Reifenpanne. Aber das interressiert niemanden, obwohl sie die entfernte Bekannte einer unehelichen Urenkelin des Fürsten von Liechtenstein vom Hören-sagen kennt.
Hans Krankl trainiert jetzt den LASK, aber in dieser Sportart sind die Beziehungen zwischen Mannschaften und Trainern sowieso nur Saisonabschnittspartnerschaften.
Paul Michael Zulehner war schon über 12 Stunden nicht mehr im Fernsehen zu sehen, was eigentlich ein bedenkliches Zeichen für die Objektivität der Berichterstattung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens ist, oder auch nicht.
Warum eigentlich?
Keine Ahnung!

Intellektuelle Inkontinenz und andere Plagen der Gegenwart

Es hatte alles so schön angefangen, als der 15jährige Omar auf seinem Schulweg den üblichen Schwenk zum Café um die Ecke machte. Es gab ihm jedes Mal einen Kick, nicht für die zwei Stationen zur Schule noch in die Straßenbahn zu steigen, sondern dorthin abzubiegen, wo kein Lehrer je vorbeikam und seine Freunde meist schon auf ihn warteten.
Und es wäre auch gut weitergegangen: Seine Freundin - war sie das noch? - wäre ihm erspart geblieben, und er hätte sich nicht ihren Fragen aussetzen müssen, ihrer eindringlichen Forderung nach Ehrlichkeit über die Party letzten Samstag. Und vor allem: die Schule wäre an ihm vorbeigegangen, er wäre nie mit so dummen Dingen wie dem logischen Denken der Mathematik belastet worden, niemand hätte ihm irgendwelchen Unsinn darüber erzählen können, was die inzestgeschädigten Adelshäuser vor hunderten Jahren so alles an Kriegen angezettelt haben, auch das völlig unnütze Wissen über die Kreuzung von Pflanzenarten hätte ihm niemand aufdrängen können und die ewigen Herumreitereien auf Groß- und Kleinschreibung, harten und weichen Lauten, die ihm ja dieses Schuljahr eigentlich eingebrockt haben, wären ihm auch erspart geblieben. Kein Religionslehrer hätte ihm erzählen können, was alles nicht im Koran steht, obwohl er aus seiner Familie doch wusste und sah, dass es zu seiner Religion und zu seinen Pflichten gehört. Dann diese Referate von geschniegelten und gestriegelten Mitschülern in irgendwelchen Grufti-Klamotten, die sonst nur in ihren Death-Metal-T-Shirts in der Schule auftauchten - und sowas nennt man Persönlichkeitsbildung: Das Kriegsschiff "Bismarck", der Lebensraum der Python, die Geschichte der Habsburger. Dann noch diese ewig gleichen, gutgemeinten Ratschläge. Nein, das wollte er sich heute ersparen und hatte noch einen weiteren, schlagenden Grund dafür: Die englische Sprache, ihre Grammatik und die wohl schrecklichste Lehrerin, die man haben kann, die wollte er für heute einmal aus seinem Alltag verbannen.
Sein Ausbruch aus dem Alltag ist gehörig misslungen, weil andere aus ihrem Alltag ausgebrochen waren. Als er beim Café ankam, war die Tür geschlossen, die Stühle waren auf die Tische gekippt, der Raum war dunkel und weit und breit war niemand zu sehen. Fini, die Bedienung, war genausowenig da wie ihr Mann, der sonst immer in der Küche arbeitete. Drei Minuten stand er alleine da und war völlig aus dem Konzept geworfen, bis sein Freund hinzukam. Der machte ihn dann auf die Bedeutung des kleinen, gekritzelten Zettels an der Tür aufmerksam: "Wegen Todesfall geschlossen!"
Beide versuchten natürlich, vor dem jeweils anderen ihre Betroffenheit zu verbergen, und auch die Angst, es könne sich beim Todesfall um Fini handeln, weil keiner zugeben wollte, dass ihnen die Inhaberin des Cafés schon längst sehr ans Herz gewachsen war. In ihrer Orientierungslosigkeit beschlossen die beiden, zur Schule zu gehen. Wenn es gar keine brauchbare Alternative gibt ...

Freitag, 20. März 2009

Ablenkungsmanöver?

Wunderlich, dass Papst Benedikt der XVI. auf seine alten Tage hin nun auf einmal die gängigen "Ceterum-censeos" der kirchlichen Sexuallehre für sich entdeckt. Gestern Kondome, heute Abtreibung, und letztere auch noch unter moraltheologisch kaum bis garnicht argumentierbaren Annahmen. Da muss man sich doch fragen, ob seine Berater für jeden Kontinent das passende Fettnäpfchen ausgesucht haben, oder ob es einfach nur um eine Ablenkungspolitik geht. Schade eigentlich, dass es dafür mediale Aufmerksamkeit gibt.

Freitag, 13. März 2009

Liebesinflation

Schon länger ist der Trend zu bemerken, den vor allem der US-Amerikanische Film in die deutschsprachigen Länder gebracht hat: "I love you!" kommt dort relativ leicht über die Lippen. Das scheint eine sprachliche Besonderheit zu sein, gegen die sich wenigstens in der Umgangssprache die deutschsprachige Bevölkerung zumindest eine Zeit lang gewehrt hat.
Auch wenn man in den synchronisierten Filmen immer wieder das "Ich liebe dich" als Übersetzung von "I love you" gehört hat, so ist doch dieser Satz noch lange einem Bereich oder zwei Bereichen vorbehalten geblieben: Der partnerschaftlichen Liebe und allenfalls noch der Liebe zwischen Eltern und Kindern.
Mit "I love you" im amerikanischen Englisch ist das etwas ganz anderes: das kann man zu Verwandten sagen, zu Freunden und Bekannten. Man kann es sogar als Bühnenkünstler einem ganzen Saal voller zahlender BesucherInnen zurufen.
Bedenkt man den Einfluss, den amerikanische Kultur (falls man das so nennen darf) und Sprache auf Europa sonst haben (Stichwort "Sinn machen"), dann mag es im Nachhinein eigentlich verwundern, dass es eines Mediums wie des Internets bedurfte, bis auch diese Eigenart auf Europa übergriff.
Das amerikanische "I love you", das keine Differenzierung mehr zulässt zwischen bloßer Sympathie, freundschaftlicher Zuneigung und partnerschaftlicher Liebe, wurde lange Zeit hindurch durch andere Sätze vertreten: "Ich mag dich." "Ich hab dich lieb." "du bist mir wichtig."
Heute ist das anders: In diversen Chatrooms und Kommunikationsprogrammen schwirren die Herzen nur so durch die Gegend. "Ich liebe dich" ist wie das amerikanische "I love you" zu einer Hohlphrase geworden, die auch unbedacht und ohne große Folgen an jemanden geschickt werden kann. Solche Liebesbekundungen können per sms verschickt werden und in Chatrooms veröffentlicht werden. Neulich las ich auf einer Homepage sinngemäß "Ich liebe alle, die auf meine Seite kommen."
Mit dem Vermissen scheint es ähnlich zu sein.
  • "Du warst 5 Minuten nicht online, ich hab dich sooo vermisst!" -
  • "Ich war am Klo" -
  • "Schrecklich." - "Wo in Deutschland wohnst du eigentlich?"
Die große Frage, die sich mir stellt: Was tun, wenn man wirklich jemanden liebt? Was, wenn man jemanden vermisst, so dass man sich selbst alles andere als ganz fühlt?