Sonntag, 17. Mai 2009

Psycho... Ein kleiner Erfahrungsbericht nach einer Surftour durch die Schulen der Psychotherapie.

Laut ExpertInnen wächst der Anspruch an den Religionsunterricht, den seelsorglichen Aspekt immer mehr zu bedienen. Ich merke zwar in meiner Praxis nicht besonders viel davon, aber habe mich trotzdem einmal im Internet schlau darüber gemacht, was denn die Schulen der Psychotherapie so alles zu bieten haben. Und die Adresse einer guten Therapeutin oder eines guten Therapeuten zu haben, hat ja noch niemandem geschadet.
Das erste mal stutzig wurde ich, als mir die meisten verwendeten Methoden der Therapeuten, die im Internet auffindbar waren, seltsam bekannt vorkamen: Aufstellungsspielchen, Traumdeuterei und natürlich das therapeutische Gespräch mit den unterschiedlichsten Schattierungen sind immer noch die Renner. Um das Gespräch wird man wohl nicht herumkommen, eine Therapie ohne Gespräch ist wahrscheinlich wirkungsloser als es ein Placebo-Medikament je sein könnte. Doch: Was soll der ganze Rest hier? Muss die Interdependenz des Klienten so breitgetreten werden? Welches Menschenbild steht dahinter, dass man den wachen und nüchternen Patienten nicht mehr als Ausgangsbasis für therapeutisceh Erfolge sehen kann?
Das brachte mich zur nächsten Frage: Wie wird das Therapieverhältnis gesehen? - es handelt sich schließlich dabei um eine ganz außergewöhnliche Form der Beziehung. Da war eigentlich eigentlich das ganze Spektrum vertreten, angefangen mit Grundsätzen in der Art "Der Therapeut verhält sich zur Psyche des Klienten wie der Installateur zum Abflussrohr" bis hin zur starken Betonung des empathischen Einfühlungsvermögens der Therapeuten. Das Schockierende daran: bei einigen Richtungen konnte man Anzeichen für das ganze Spektrum innerhalb eines therapeutischen Ansatzes finden, was ich beim besten Willen nicht als Zeichen für hohes Reflexionsniveau werten kann.
Die Zielformulierungen der therapeutischen Richtungen sind an Schwammigkeit nur mehr von Politikerreden übertroffen: Irgendwie ist zwar der Patient immer der, der die Lösung hat, kennt und mit Hilfe des Therapeuten findet, aber bei genauerem Hinsehen entpuppt sich jede Therapierichtung einfach nur als der Beginn eines wahnsinnigen Ego-Tripps.
Insofern kann ich nur ein Resümee aus dieser langen Nacht der Therapie-Homepages ziehen: Mehr Seelsorge, weniger Psychologie!