Sonntag, 24. November 2013

Worum geht es nicht? - Die Bildungsdiskussion

Es ist wieder einmal Zeit für digitalen Aggressionsabbau, denn die Diskussionen um Bildungsthemen nagen schon sehr am Nervenkostüm. Immer wieder sind erfrischenderweise auch Kommentare zu lesen, die versuchen, das Thema in ein anderes Licht zu rücken - es geht um das Image der Bildungsberufe, die Fehler in den Grundannahmen, die zu dieser Art von Reformwünschen seitens der Regierung führen und manchmal sogar in dem einen oder anderen Nebensatz um die Kinder und Jugendlichen. Die große Mehrheit der Berichte dreht sich aber darum, die aktuellen Entwicklungen möglichst deutlich in ein schwarz-weiß-Schema zu bekommen. Von diesem Schema gibt es zwei Varianten:
Variante A)
Die Gewerkschaft ist böse, weil sie verhindert und blockiert. Wenn die Reform schon an sich keine Qualität hat, dann besteht in der veröffentlichten Meinung immer die Möglichkeit, diese Qualität durch die Ablehnung der Gewerkschaft zu erzeugen - so hat man den Eindruck.
Variante B)
Die Ministerin und die Regierung sind die Bösen, weil sie Schüler, Eltern, Lehrer und die Gewerkschaft ignorieren und einfach "drüberfahren".
Die bildungsferne Bevölkerung ist nun angehalten, sich für eine der beiden Varianten zu entscheiden, und die Entscheidung wird ungemein dadurch erleichtert, dass Medien schon die Vorauswahl der Entscheidungsgründe übernehmen. Und seien wir ehrlich, so richtig schwer fällt die Entscheidung ohnehin nicht, denn: Wer führt in seinem Privatleben üblicherweise Gespräche wie: "Du, gestern bin ich mit der Straßenbahn gefahren, der Zug war pünktlich, gut ausgelastet, aber es war trotzdem Platz, der Fahrer (oder die Fahrerin) hat zügig aber regelmäßig beschleunigt, nicht abrupt gebremst, heranlaufenden Fahrgästen das Einsteigen ermöglicht und trotzdem keine Ampelphase versäumt ... und freundlich dreingschaut hat er (sie) auch noch." Oder: Wann kam zuletzt in der Zeit im Bild als erste Schlagzeile etwas wie: "Funkstreifenbesatzung greift in Streit ein: Keine Verletzten!" oder "Polizist sichert Unfallstelle." Das könnte man jetzt noch weiter führen, bitte einfach die eigene Berufsgruppe einsetzen und sich keinen Zwang anzutun.
So, für alle, die sich jetzt intellektuell unterfordert fühlen - das ist Psychologie 7. Klasse und wahrlich keine Neuigkeit - nun die Pointe des Tages: So einfach ist es - und so einfach wird es gemacht. Werbepsychologen und Firmenstrategen wissen schon lange, dass eine negative Erfahrung sich herumspricht einerseits und in Erinnerung bleibt andererseits, während positive Erfahrungen weit weniger thematisiert werden.
So darf man davon ausgehen, dass angesichts allgemeiner Schulpflicht in unserem Land alle WählerInnen gewisse Schulerinnerungen haben (ja, lauter Bildungsexperten, Herr Salcher!). In diesen mindestens neun Schuljahren, die ja nun auch schon ein bisschen her sind - bei manchen länger, bei manchen kürzer -, wird doch jeder zumindest ein bis zwei Mal eine negative Erfahrung gemacht haben. Darauf kann man aufbauen, damit kann man etwas anfangen, denn so funktioniert ein Mechanismus in der Politik den man gemeinhin als Populismus bezeichnet.
Geschafft! Wieder ein Beitrag zur Diskussion fertig, in dem nichts Neues steht, der keinen Erkenntnisgewinn bringt und in dem Kinder, Bildung und Zukunft nicht vorkommen.