Die Pubertät ist eine schwere Zeit in der Entwicklung eines Menschen, doch manchen unter ihnen gefällt sie so gut, dass sie diese möglichst lange ausdehnen möchten. Nachdem sich Papst Benedikt XVI. mit der von väterlicher Sensibilität getragenen Entscheidung, die Piusbrüder in den Schoß der Mutter Kirche zurückzuholen, einen gezielten Schuß ins Knie zugezogen hat, sehen die frisch gezüchteten Altkommunisten der aks ihre Stunde gekommen, um wieder einmal gegen den Religionsunterricht zu hetzen:
Kirche raus aus der Schule
So lautet ihre Forderung. Ich habe mich natürlich, da ich selbst links bin, unverzüglich mit dem Schulwart in Verbindung gesetzt und ihn aufgefordert, er solle doch sagen, wo die Kirche in unserer Schule sei und die rausrücken. In unserer Schule ist aber keine Kirche, nur eine aus Papier gebastelte Synagoge samt Inventar, die meine RK-TeilnehmerInnen in der 1. Klasse gebastelt haben. Daneben stehen Häuser, ebenfalls aus Papier gebastelt, wie sie im Palästina der Zeitenwende üblich waren, ein Händler bietet am Platz vor der Synagoge seine Waren an, ein paar römische Soldaten stehen herum. Aber weit und breit keine Kirche.
Skurrile Kritikpunkte
Jetzt wird es Zeit, sich gemütlich zurückzulehnen und den Sturm im Wasserglas zu belächeln: Scheinbar gibt es sogar für die Opfer der aks-Indoktrination so wenig stichhaltige Kritikpunkte an der klar definierten und limitierten Stellung von Religion und Kirche im Bildungssystem, dass man sich die Argumentationen derart kräftig aus den Fingern saugen muss, dass danach die Kraft nicht mehr für eine ordentliche Grammatikkontrolle ausreicht.
Erstes Argument gegen religiöse Schulerhalter:
Katholische Privatschulen zum Beispiel entziehen sich größtenteils staatlicher Vorschriften, tragen aber aufgrund ihres Schulgeldes enorm zur Elitenbildung bei, sprich bilden die Reichsten „am Besten" aus.
Wessen entziehen sich die Privatschulen? Und: Will man jetzt wirklich kritisieren, dass dort die Ausbildung (angeblich) so gut ist? Zu Eliten kann man stehen, wie man will, aber aus einer allfälligen Ablehnung von Eliten heraus das Bildungsniveau solange nach unten zu schrauben, bis alle gleich wenig Bildung haben, da kenne ich Leute, die das alleine mit Engels und ohne Marx vom Tisch argumentieren können.
Nächste Angriffsfläche ist der Lehrplan für das Unterrichtsfach Religion:
Der Lehrplan wird nicht wie in andern Fächern vom Staat zusammengestellt, bzw. von zuständigen PolitikerInnen, sondern wird wie auch so vieles großteils von der Kirche bestimmt.
Wie jetzt? In anderen Fächern machen die PolitikerInnen die Lehrpläne? Na dann, gute Nacht! Wenn ich mir so vorstelle, welche Lehrpläne man da in zehn Jahren Gehrer bekommen hätte können ... Handarbeiten, Handarbeiten, Handarbeiten ... obwohl man das eigentlich ja "Textiles Werken" nennt. Oder soll etwa der Finanzminister den Lehrplan für Rechnungswesen in der Handelsakademie erstellen - stell mir gerade vor, wie Grasser drei Semester für den Unterschied von Nutto und Bretto einplant! Vielleicht sollten sich die Herrschaften einmal darüber informieren, wo Lehrpläne generell gemacht werden! (Wenn sich die SPÖ nicht schon zu sehr für die aks geniert, dann schicken sie vielleicht eineN PolitikerIn aus der vierten Reihe oder eineN AngestellteN).
Der Mythos von der wertneutralen Ethik
Den Rest verbringen die Betreiber der Propagandakampagne damit, althergebrachte Ideen zu ventilieren, die aus gutem Grund bislang keinen Erfolg hatten. Die erste ist die Idee vom wertneutralen Ethikunterricht. Ich will ja garnicht darauf herumhacken, dass Ethik schon allein von der Bedeutung des Wortes her nicht wertneutral ist, sondern schon eine Grundhaltung vorgibt. Aber die Vorstellung einer meinungslosen Lehrperson, die ohne eine eigene Präferenz verschiedene ethische Systeme unterrichtet, also mir würde als Schüler davor Angst und Bange werden, denn da ist reine Paukerei angesagt, denn Diskussion ist dabei von vornherein ausgeschlossen.
Es gibt Länder, wie Frankreich zum Beispiel, da kommen die SchülerInnen auch ohne Religion in der Schule aus.
Ach ja, das Laizisten-Mekka Frankreich! Wie war das noch mit Jugendunruhen einer sinn- und perspektivenlosen Generation, die unter dem Verlust von Werten und Lebensinhalten zu leiden hat? Aber das ist ja Schnee von gestern, 2005 um genau zu sein, seither hat die harte Hand von Vater Staat die Unruhen soweit unter Kontrolle, dass sie es zumindest nicht mehr in die nationalen und internationalen Medien schaffen. Tolles Vorbild, wirklich!
Religionskritik
Dann kommt Religionskritik dran: Wenn man einmal großzügig darüber hinweggeht, dass die einleitende Analyse ChristInnen und KatholikInnen verwechselt, dann hat man auch schon alle Neuigkeiten erfasst. Der Rest: Versatzstücke aus der Religionskritik des 19. Jahrhunderts, die aber nicht einmal auf den philosophischen Atheismus dieser Zeit eingehen. Dann der Hammer: Suren-Zitate aus dem Koran - sehr klug, denn Strache und Westenthaler hätten es nicht anders gemacht!
Sonstiges
Nach dem kürzesten Absatz, den ich je zum Thema Religionskritik geschrieben habe, wird der kommende Diskurs auch nicht gehaltvoller: Der Abschnitt über die Sexualität spult relativ lau die Pflichtpunkte in Sachen Sexualität und Kirche herunter (und das auch noch nicht einmal vollständig, aber: Pst!). Dann wird wiederum ein Bild von katholischen Privatschulen gezeichnet, das darauf schließen lässt, dass die VerfasserInnen diesen Schultyp nur aus zwei Quellen kennen können: Erstens vom Parkplatzsuchen in der Friesgasse und zweitens aus älteren Filmchen. In Sachen Kreationismus dürfte sich die Verfassertätigkeit auf die Tasten Strg, C und V beschränkt haben. Alleiniges Allheilmittel gegen den Kreationismus ist natürlich ein namentlich nicht erwähnter Dawkins (obwohl ich mir nicht sicher bin, ob ein gewisser "Dawin", der im Artikel genannt wird, jetzt ein falsch geschriebener Darwin oder ein falsch geschriebener Dawkins ist).
Das völlig überraschungsfreie Polemisieren kann wohl kaum beunruhigen. Es zeigt einmal mehr, dass die Organisation, die behauptet, die Interessen der SchülerInnen vertreten zu wollen, keine Ahnung von Schule und Schulwesen hat. Schade eigentlich, denn dort wäre genug im Interesse der SchülerInnen zu tun, wenn man sich auskennen würde. Aber wir wollen ja nur polemiseren!
Freitag, 30. Januar 2009
Mittwoch, 21. Januar 2009
Autobus
In London hat der prominente Naturwissenschafter und angesehene Autor populärwissenschaftlicher Bücher Richard Dawkins zwei Zeilen auf einigen Linienbussen Londoner Verkehrsunternehmen platziert: "There is probably no God. Now stop worrying and enjoy your life." Damit ist der Atheismus (zumindest in seiner dawkinschen Ausprägung) in seine missionarische Phase eingetreten und spätestens jetzt kann man nicht mehr leugnen, was ich schon seit Jahren behaupte: Atheismus ist keine Weltanschauung, keine Ideologie und keine wissenschaftliche Lebenseinstellung, sondern er ist nichts anderes als eine Religion. Zwar eine Null-Gott-Religion, aber eben doch eine Religion.
Doch nun kann man sich nicht mehr auf Dawkins alleine ausreden, der ja für sein jüngstes Opus magnum "The God-Delusion" - zu deutsch: Der Gottes-Wahn - gerade von atheistischer Seite sehr viel Kritik einstecken musste, weil sein Fundamentalismus der Sache des Atheismus eher schadete als nutzte. Die Vereinigung der rationalistischen Atheisten und Agnostiker (unter ähnlichen Namen existieren in verschiedenen Ländern solche Vereinigungen) hat in Spanien bereits Buswerbungen bestellt und nun war Italien an der Reihe.
Kaum Probleme gab es mit britischen Bussen, denn während die meisten Kirchenvertreter betreten grinsten und mit Kommentaren wie "Es ist alles zu begrüßen, was Gott zum Thema macht" Dawkins merklich den Spaß an der Sache nahmen, war es gerade einmal ein Busfahrer, der sich weigerte, mit diesem Ding zu fahren. Doch auf die Italiener ist Verlass! In Genua hat die Werbeagentur den Auftrag wieder zurückgelegt, nachdem es zahlreiche Proteste und Widerstände gab. Das ist mit hoher Wahrscheinlichkeit die Reaktion, die sich die Auftraggeber wünschten, und sie wären auch bis zum Äußersten gegangen und hätten die Kampagne in Rom auf die Buslinien in Vatikan-Nähe konzentrieren wollen! Alles nur für diese Reaktion - endlich schenkt auch den Atheisten wieder jemand Aufmerksamkeit, und die brauchen es ja am dringendsten, wo sie doch keinen Gott haben, der sie liebt, die Armen.
Doch nun kann man sich nicht mehr auf Dawkins alleine ausreden, der ja für sein jüngstes Opus magnum "The God-Delusion" - zu deutsch: Der Gottes-Wahn - gerade von atheistischer Seite sehr viel Kritik einstecken musste, weil sein Fundamentalismus der Sache des Atheismus eher schadete als nutzte. Die Vereinigung der rationalistischen Atheisten und Agnostiker (unter ähnlichen Namen existieren in verschiedenen Ländern solche Vereinigungen) hat in Spanien bereits Buswerbungen bestellt und nun war Italien an der Reihe.
Kaum Probleme gab es mit britischen Bussen, denn während die meisten Kirchenvertreter betreten grinsten und mit Kommentaren wie "Es ist alles zu begrüßen, was Gott zum Thema macht" Dawkins merklich den Spaß an der Sache nahmen, war es gerade einmal ein Busfahrer, der sich weigerte, mit diesem Ding zu fahren. Doch auf die Italiener ist Verlass! In Genua hat die Werbeagentur den Auftrag wieder zurückgelegt, nachdem es zahlreiche Proteste und Widerstände gab. Das ist mit hoher Wahrscheinlichkeit die Reaktion, die sich die Auftraggeber wünschten, und sie wären auch bis zum Äußersten gegangen und hätten die Kampagne in Rom auf die Buslinien in Vatikan-Nähe konzentrieren wollen! Alles nur für diese Reaktion - endlich schenkt auch den Atheisten wieder jemand Aufmerksamkeit, und die brauchen es ja am dringendsten, wo sie doch keinen Gott haben, der sie liebt, die Armen.
Dienstag, 20. Januar 2009
Oh-bah-maaa
Also ich weiß ja nicht, wie es meinem gezählten einen Leser geht oder meiner gezählten einen Leserin (unter uns, da hat sich offensichtlich jemand verklickt), aber ich fühle mich gerade vollkommen verunsichert.
Nun, soll sein. Heute ist der 20. Jänner, der Tag, an dem das neue Jahr so richtig beginnt:
Nun lassen wir uns überraschen! Eine Wirtschaftskrise dieses Ausmaßes hätte vor einem knappen Jahrhundert wahrscheinlich innerhalb von einem halben Jahr zu einem Krieg irgendeiner Art geführt.
Aber jetzt ist er Präsident ... der US-Präsident, dessen zweiter Vorname Hussein ist (hätte man das vor fünf Jahren jemanden erzählt, die Einweisung in die geschlossene Anstalt wäre einem sicher gewesen), der Farbige an der Spitze der Nation von weißen, christlichen Männern.
Wir dürfen gespannt sein, was daraus wird:
Nun, soll sein. Heute ist der 20. Jänner, der Tag, an dem das neue Jahr so richtig beginnt:
- der Winter kann zwar noch schlimm werden, aber kaum schlimmer als er schon war.
- die Naherwartung auf eine Erholungspause hin ist in Sicht und der Thermenausflug ist gebucht.
- und Barack Hussein Obama ist Präsident der USA!
Nun lassen wir uns überraschen! Eine Wirtschaftskrise dieses Ausmaßes hätte vor einem knappen Jahrhundert wahrscheinlich innerhalb von einem halben Jahr zu einem Krieg irgendeiner Art geführt.
Aber jetzt ist er Präsident ... der US-Präsident, dessen zweiter Vorname Hussein ist (hätte man das vor fünf Jahren jemanden erzählt, die Einweisung in die geschlossene Anstalt wäre einem sicher gewesen), der Farbige an der Spitze der Nation von weißen, christlichen Männern.
Wir dürfen gespannt sein, was daraus wird:
- eine männliche Evita, Star und caritatives Zugpferd?
- ein neuer Martin-Luther King, der einen Traum hat?
- oder vielleicht ein farbiger Gorbatschow, der am eigenen Glasnost scheitern wird?
Mittwoch, 14. Januar 2009
Ein Gewissen zu haben ...
Erklären Sie einmal jemandem, was das Gewissen ist! Sie werden sich den Mund fusselig reden. Man sieht es nicht, man kann es nicht angreifen und kein Gerät kann es messen. Heutzutage, wo es zum guten Ton gehört, nur zu glauben, was man sieht (oder was man in der U-Bahn-Zeitung vorgegaukelt kriegt), ist das schon sehr, sehr schwierig!
In der Kirche haben wir mit dem Artikel 16 der Konstitution "Gaudium et spes" einen Anhaltspunkt dafür, wie wichtig das Gewissen ist. Es ist eine einflussreiche Größe, denn schließlich geht nichts über das Gewissen ... kein Papst, kein Bischof, kein Pfarrer und auch kein Kirchenrecht, kein Katechismus, kein Beichtspiegel.
Das Gewissen gibt Orientierung, wie ein Kompass, und es dient dazu, gut und böse zu unterscheiden. Dazu allerdings ist es erforderlich, dass Gewissen auch zu bilden. Klar eigentlich, wenn es so wertvoll ist, dann muss man es ständig vermehren und verbessern. Das widerspricht nicht einmal unserer heutigen Denkart des "schneller-höher-weiter". Gewissensbildung als lebenslange Aufgabe ist also durchaus auch heute aktuell.
In der Kirche haben wir mit dem Artikel 16 der Konstitution "Gaudium et spes" einen Anhaltspunkt dafür, wie wichtig das Gewissen ist. Es ist eine einflussreiche Größe, denn schließlich geht nichts über das Gewissen ... kein Papst, kein Bischof, kein Pfarrer und auch kein Kirchenrecht, kein Katechismus, kein Beichtspiegel.
Das Gewissen gibt Orientierung, wie ein Kompass, und es dient dazu, gut und böse zu unterscheiden. Dazu allerdings ist es erforderlich, dass Gewissen auch zu bilden. Klar eigentlich, wenn es so wertvoll ist, dann muss man es ständig vermehren und verbessern. Das widerspricht nicht einmal unserer heutigen Denkart des "schneller-höher-weiter". Gewissensbildung als lebenslange Aufgabe ist also durchaus auch heute aktuell.
Montag, 5. Januar 2009
Back to Biedermeier
Metternich und die DDR-Granden hätten ihre Freude mit den (un?)erwünschten Nebenwirkungen des Imports US-amerikanisch-puritanischer Ideologie nach Europa.
Die USA haben im vergangenen Jahr einen neuen Präsidenten gewählt, der bald - nur noch ein paar mal zeitversetzt schlafen - im Amt sein wird. Damit endet dort die mit der Wahl Ronald Reagans angebrochene Phase, die kulturgeschichtlich je nach Perspektive und intellektueller Durchdringungstiefe unter Namen wie backlash, Neokonservativismus oder Restauration firmiert. Und scheinbar gilt die alte Regel immer noch: jede Entwicklung aus den USA kommt irgendwann einmal nach Europa, meistens zehn Jahre verspätet und oft erst just dann, wenn sie in den USA endlich wieder überwunden ist.
Es gibt Menschen, die einen Lustgewinn daraus lukrieren, wenn sie darüber bestimmen können, was andere tun oder lassen sollen. Damit sind jetzt nicht beruflich Vorgesetzte gemeint, wo das zwar schon mal vorkommen mag, aber hoffentlich die Ausnahme ist. In den USA sind es meist angehörige christlich-religiöser Gruppierungen, die ihre Vorstellungen von Leben im Großen wie im Kleinen, im Ganzen wie im Einzelnen der Gesamtbevölkerung aufbürden wollen.
Wahrscheinlich haben die angehörigen sich selbst gefragt, ob denn das wohl ginge, und so haben sie in den frühen 1980ern nach etwas Ausschau gehalten, das leicht diffamierbar, weit verbreitet und auf verschiedenen Ebenen angreifbar ist. So fanden Sie die RaucherInnen, die in fünfziger- und sechziger Jahren, besonders aber in den so verhassten Spätsechzigern zu einer nennenswerten Gruppe geworden waren. In den USA lief die Sache so gut, dass man sich in manchen Staaten schon sehr früh wieder nach anderen Opfern umsehen musste. In Arkansas, Kansas, Missouri, Oklahoma und Texas setzte man ein Gesetz durch, das Oralverkehr verbietet, in Nogales war es nach erfolgreicher Raucherbekämpfung so langweilig, dass man durch gesetzliche Regelungen Strumpfbänder und Hosenträger regulierte, in Kalifornien verbietet man es, Kinder am Überspringen einer Lacke zu hindern.
Nun ist man bei uns auch bald fertig mit den Rauchern: die Gesetze gibt es schon, die Umsetzung hapert noch ein bisschen. Aber da hilft der gute Bürger doch gerne nach: Wirte berichten in letzter Zeit vermehrt von Foto-Razzien militanter Nichtraucher, die als selbsternannte Sherrifs in Wild-West-Manier durch die Kneipen ziehen um dem Gesetz auch so richtig zum Durchbruch zu verhelfen.
Damit ist die oberste Lust-Stufe der Kleingärtner erreicht: das Verpetzen oder Vernadern, wie die Wiener sagen würde: dem Metternichschen Spitzel gleich auf der Suche nach dem Bösen, nach etwas, das böse genug ist, um sich selbst daneben gut zu fühlen!
Bislang konnte man nur lustvoll Verbotsschilder aufhängen (in den letzten Jahren wurden "Rauchen verboten"-Schilder an Orten aufgehängt, an denen man davor schon nicht auf die Idee gekommen wäre, zu rauchen - muss also auch etwas zur Befriedigung beigetragen haben), jetzt kann man quasi bis zum Äußersten gehen.
Die Raucher inzwischen können schon mal die Luftströme der eigenen vier Wände testen um mit dem Feind im eigenen Bett Kompromisse zu finden ... und die Wirte sollten schnellstens prüfen, ob sie nicht einen Lieferservice anbieten wollen.
Ach ja, noch ein PS an die Generation MTV "ich rauche nicht, denn es gibt coolere Arten zu sterben" und so:
Jetzt kommen die Bekleidungsvorschriften. Zwei Städte haben schon ein Verbot von weiten Hosen erlassen. (link)
Die USA haben im vergangenen Jahr einen neuen Präsidenten gewählt, der bald - nur noch ein paar mal zeitversetzt schlafen - im Amt sein wird. Damit endet dort die mit der Wahl Ronald Reagans angebrochene Phase, die kulturgeschichtlich je nach Perspektive und intellektueller Durchdringungstiefe unter Namen wie backlash, Neokonservativismus oder Restauration firmiert. Und scheinbar gilt die alte Regel immer noch: jede Entwicklung aus den USA kommt irgendwann einmal nach Europa, meistens zehn Jahre verspätet und oft erst just dann, wenn sie in den USA endlich wieder überwunden ist.
Es gibt Menschen, die einen Lustgewinn daraus lukrieren, wenn sie darüber bestimmen können, was andere tun oder lassen sollen. Damit sind jetzt nicht beruflich Vorgesetzte gemeint, wo das zwar schon mal vorkommen mag, aber hoffentlich die Ausnahme ist. In den USA sind es meist angehörige christlich-religiöser Gruppierungen, die ihre Vorstellungen von Leben im Großen wie im Kleinen, im Ganzen wie im Einzelnen der Gesamtbevölkerung aufbürden wollen.
Wahrscheinlich haben die angehörigen sich selbst gefragt, ob denn das wohl ginge, und so haben sie in den frühen 1980ern nach etwas Ausschau gehalten, das leicht diffamierbar, weit verbreitet und auf verschiedenen Ebenen angreifbar ist. So fanden Sie die RaucherInnen, die in fünfziger- und sechziger Jahren, besonders aber in den so verhassten Spätsechzigern zu einer nennenswerten Gruppe geworden waren. In den USA lief die Sache so gut, dass man sich in manchen Staaten schon sehr früh wieder nach anderen Opfern umsehen musste. In Arkansas, Kansas, Missouri, Oklahoma und Texas setzte man ein Gesetz durch, das Oralverkehr verbietet, in Nogales war es nach erfolgreicher Raucherbekämpfung so langweilig, dass man durch gesetzliche Regelungen Strumpfbänder und Hosenträger regulierte, in Kalifornien verbietet man es, Kinder am Überspringen einer Lacke zu hindern.
Nun ist man bei uns auch bald fertig mit den Rauchern: die Gesetze gibt es schon, die Umsetzung hapert noch ein bisschen. Aber da hilft der gute Bürger doch gerne nach: Wirte berichten in letzter Zeit vermehrt von Foto-Razzien militanter Nichtraucher, die als selbsternannte Sherrifs in Wild-West-Manier durch die Kneipen ziehen um dem Gesetz auch so richtig zum Durchbruch zu verhelfen.
Damit ist die oberste Lust-Stufe der Kleingärtner erreicht: das Verpetzen oder Vernadern, wie die Wiener sagen würde: dem Metternichschen Spitzel gleich auf der Suche nach dem Bösen, nach etwas, das böse genug ist, um sich selbst daneben gut zu fühlen!
Bislang konnte man nur lustvoll Verbotsschilder aufhängen (in den letzten Jahren wurden "Rauchen verboten"-Schilder an Orten aufgehängt, an denen man davor schon nicht auf die Idee gekommen wäre, zu rauchen - muss also auch etwas zur Befriedigung beigetragen haben), jetzt kann man quasi bis zum Äußersten gehen.
Die Raucher inzwischen können schon mal die Luftströme der eigenen vier Wände testen um mit dem Feind im eigenen Bett Kompromisse zu finden ... und die Wirte sollten schnellstens prüfen, ob sie nicht einen Lieferservice anbieten wollen.
Ach ja, noch ein PS an die Generation MTV "ich rauche nicht, denn es gibt coolere Arten zu sterben" und so:
Jetzt kommen die Bekleidungsvorschriften. Zwei Städte haben schon ein Verbot von weiten Hosen erlassen. (link)
Mittwoch, 31. Dezember 2008
Zweitausendacht - mehr oder weniger.
Jahresrückblicke sind ein Dauerbrenner in allen Medien. Am Ende weiß man zwar nicht so recht, was es bringen soll, alle Ereignisse von Jänner bis Dezember noch einmal zusammenzufassen, aber eines bringt es den kritischen MedienkonsumentInnen sicherlich: die Auswahl der Ereignisse, die im Jahresrückblick Erwähnung finden, sagt oft mehr über ein Medium aus, als jede Medienanalyse das ganze Jahr über aussagen kann.
Mehr
Österreich hat 2008 seinen zwölften Nachkriegs-Bundeskanzler bekommen (wenn man Staatskanzler Renner mitzählt), somit wäre hier einmal das Dutzend voll.
Damit hat es auch einen Alt-Bundeskanzler mehr dazugewonnen, einen anderen allerdings verloren.
Weniger
Die politische Landschaft Österreichs hat in diesem Jahr einige profilierte Gesichter verloren: Neben Wiens Altbürgermeister Helmut Zilk (er wird in den meisten Jahresrückblicken am Rande erwähnt) und Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider (er nimmt in manchen Jahresrückblicken ein Drittel der Sendezeit ein) ist in diesem Jahr auch Alt-Bundeskanzler Fred Sinowatz verstorben - das findet schon nur mehr in den sehr umfangreichen Jahresrückblicken Erwähnung. Karl Sekanina entgeht den meisten Jahresrückblicken vollkommen.
Mehr
Einen Zuwachs brachte das Jahr 2008 für den Wortschatz der regionalen Wetterdienststellen. Orkan Paula hat dafür gesorgt, dass nicht nur Schulden, sondern auch Wetterphänomene aus der Karibik hier heimisch werden. Der Januar ist wieder viel zu warm, der Sommer gleicht das ganze für den Jahresdurchschnitt aber aus.
Weniger
Geld ist vor allem gegen Jahresende das Thema Nummer 1 - die Immobilien-, Banken-, Finanz- und Wirtschaftskrise beherrschte das Jahr 2008 schon lange bevor wir es tatsächlich bemerkt haben. Noch bis in den Spätherbst hinein musste man sich als linke Bazille titulieren lassen, wenn man darauf hinwies, wie Investment-Banker und Analysten mit dem Geld anderer Spekulationsgeschäfte machten. Wer das sagte, galt als realitätsfremd und fortschrittsfeindlich. Der phillipinische Bischof Dinualdo Gutierrez etwa wurde in manchen ach so katholischen Medien auf das wüsteste beschimpft, weil er die Spekulation mit Grundnahrungsmitteln verurteilte und die Kirchenstrafe der Exkommunikation dafür in Erwägung zog.
Jetzt sehen wir das ganz anders.
Mehr
Jetzt, wo unser Geld stetig an Wert verliert und die meisten Regierungen sich noch daran bedienen, um die durch Spekulationsverluste in die Krise geratenen Banken zu retten, haben wir wenigstens ein bisschen an Erkenntnis dazugewonnen: Das neoliberale Heuschreckensystem kann nicht dauerhaft ökonomische Grundlage der Gesellschaft sein. Der Preis für diese Erkenntnis ist hoch, und man hätte es sicherlich billiger haben können, wenn nicht breite Teile der Bevölkerungen in den Industrienationen den Dogmen und der Propaganda des Neoliberalismus unreflektiert glauben geschenkt hätten.
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Österreich hat 2008 seinen zwölften Nachkriegs-Bundeskanzler bekommen (wenn man Staatskanzler Renner mitzählt), somit wäre hier einmal das Dutzend voll.
Damit hat es auch einen Alt-Bundeskanzler mehr dazugewonnen, einen anderen allerdings verloren.
Weniger
Die politische Landschaft Österreichs hat in diesem Jahr einige profilierte Gesichter verloren: Neben Wiens Altbürgermeister Helmut Zilk (er wird in den meisten Jahresrückblicken am Rande erwähnt) und Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider (er nimmt in manchen Jahresrückblicken ein Drittel der Sendezeit ein) ist in diesem Jahr auch Alt-Bundeskanzler Fred Sinowatz verstorben - das findet schon nur mehr in den sehr umfangreichen Jahresrückblicken Erwähnung. Karl Sekanina entgeht den meisten Jahresrückblicken vollkommen.
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Einen Zuwachs brachte das Jahr 2008 für den Wortschatz der regionalen Wetterdienststellen. Orkan Paula hat dafür gesorgt, dass nicht nur Schulden, sondern auch Wetterphänomene aus der Karibik hier heimisch werden. Der Januar ist wieder viel zu warm, der Sommer gleicht das ganze für den Jahresdurchschnitt aber aus.
Weniger
Geld ist vor allem gegen Jahresende das Thema Nummer 1 - die Immobilien-, Banken-, Finanz- und Wirtschaftskrise beherrschte das Jahr 2008 schon lange bevor wir es tatsächlich bemerkt haben. Noch bis in den Spätherbst hinein musste man sich als linke Bazille titulieren lassen, wenn man darauf hinwies, wie Investment-Banker und Analysten mit dem Geld anderer Spekulationsgeschäfte machten. Wer das sagte, galt als realitätsfremd und fortschrittsfeindlich. Der phillipinische Bischof Dinualdo Gutierrez etwa wurde in manchen ach so katholischen Medien auf das wüsteste beschimpft, weil er die Spekulation mit Grundnahrungsmitteln verurteilte und die Kirchenstrafe der Exkommunikation dafür in Erwägung zog.
Jetzt sehen wir das ganz anders.
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Jetzt, wo unser Geld stetig an Wert verliert und die meisten Regierungen sich noch daran bedienen, um die durch Spekulationsverluste in die Krise geratenen Banken zu retten, haben wir wenigstens ein bisschen an Erkenntnis dazugewonnen: Das neoliberale Heuschreckensystem kann nicht dauerhaft ökonomische Grundlage der Gesellschaft sein. Der Preis für diese Erkenntnis ist hoch, und man hätte es sicherlich billiger haben können, wenn nicht breite Teile der Bevölkerungen in den Industrienationen den Dogmen und der Propaganda des Neoliberalismus unreflektiert glauben geschenkt hätten.
Sonntag, 21. Dezember 2008
2,66: Die kinderfreundlichen Kirchgänger
Wieder einmal hat Erzbischof Schönborn einen Medienauftritt genutzt, um die sicherlich unterstützenswerte Forderung nach einer kinderfreundlicheren Gesellschaft zu propagieren. Diesmal bemühte er eine Statistik, die Prof. Zulehner vorgelegt haben soll, wonach die Geburtenrate bei "Sonntagsmessbesuchern" (ich nehme an, er meinte -innen) um einiges höher liegt als im Durchschnitt der Gesamtbevölkerung: 2,66 zu 1,4.
Eine schöne Statistik, allerdings sagt sie wiederum nicht das aus, was vorgegeben wird: Die BesucherInnen der Sonntagsgottesdienste sind bei Weitem nicht kinderfreundlicher als der Bevölkerungsdurchschnitt, auch wenn sie statistisch fast doppelt so viele Kinder zur Welt bringen.
Helmut Schüller hat es neulich in einem Interview für die Sendung "Orientierung" angesprochen: Das Problem wäre nicht, dass es zu wenige Kinder gebe, man habe oft eher das Problem, wo die kleinen während des Gottesdienstes so überall sind. Bis zu diesem Punkt scheint der Kardinal mit Hilfe der Statistik gefolgt zu sein, doch nun wäre der nächste Gedankenschritt notwendig: Kinderfreundliche Kirchgänger!
Kinderfreundlichkeit, und das sollte sich einmal bis in die Wollzeile durchsprechen, erkennt man nicht an der statistischen Anzahl von Geburten sondern an der Art und Weise, wie eine Gesellschaft Kindern und deren Eltern gegenübertritt.
In seltenen Fällen findet man wirklich kinderfreundliche Pfarrgemeinden, in denen Kinder im Sonntagsgottesdienst einen Platz haben, ohne von den anderen als Störung empfunden zu werden. Manche lösen das kreativ, indem sie einen solchen Raum schaffen. Andere wiederum scheinen keine Lösung zu suchen und können bestenfalls einen Kinder- oder Familiengottesdienst - oft nur einen pro Monat - anbieten. In diesem Gottesdienst sind Kinder dann willkommen (bisweilen sogar mehr, als ihnen lieb ist). Den Rest der Zeit haben sie gefälligst ruhig zu sein, sich unauffällig zu verhalten, am besten so, dass die anderen KirchgängerInnen garnicht merken, dass Kinder anwesend sind.
Ich habe noch im Ohr, als ein Kaplan während eines Sonntagsgottesdienstes durch das Mikrophon eine Mutter aufforderte, sie möge der Messe doch von der Sakristei aus folgen, weil das schreiende Kind störte.
Ich erinnere mich noch an die bösen Blicke aus den vorderen Reihen, als die Tochter einer Bekannten just während der ach so heiligen Wandlungsworte sich lautstark erkundigte, wieso der Mann da vorne ein Kleid anhabe.
Von bissigen Bemerkungen älterer Glaubensgeschwister über Kinder, die sich während des Gottesdienstes von ihrem Platz in der Bank wegbewegten, könnte ich seitenweise berichten.
Kinder stören die Andacht, lärmen und rennen herum, und die Eltern haben heutzutage überhaupt die Erziehung nicht mehr im Griff, weil bei uns damals hätte es das nicht gegeben.
Das ist es nicht, was ich mir unter einer kinderfreundlichen MessbesucherInnenschaft vorstelle!
Wenn wir irgendwann die Zeichen der Zeit verstanden haben werden und den Forderungen unseres Bischofs nachkommend nicht mehr monatlich einmal einen Familiengottesdienst anbieten, sondern bei Bedarf einmal monatlich einen familienfreien Gottesdienst, bei dem keine Kinder die Andacht stören, dann reden wir weiter über kinderfreundliche MessbesucherInnen.
Eine schöne Statistik, allerdings sagt sie wiederum nicht das aus, was vorgegeben wird: Die BesucherInnen der Sonntagsgottesdienste sind bei Weitem nicht kinderfreundlicher als der Bevölkerungsdurchschnitt, auch wenn sie statistisch fast doppelt so viele Kinder zur Welt bringen.
Helmut Schüller hat es neulich in einem Interview für die Sendung "Orientierung" angesprochen: Das Problem wäre nicht, dass es zu wenige Kinder gebe, man habe oft eher das Problem, wo die kleinen während des Gottesdienstes so überall sind. Bis zu diesem Punkt scheint der Kardinal mit Hilfe der Statistik gefolgt zu sein, doch nun wäre der nächste Gedankenschritt notwendig: Kinderfreundliche Kirchgänger!
Kinderfreundlichkeit, und das sollte sich einmal bis in die Wollzeile durchsprechen, erkennt man nicht an der statistischen Anzahl von Geburten sondern an der Art und Weise, wie eine Gesellschaft Kindern und deren Eltern gegenübertritt.
In seltenen Fällen findet man wirklich kinderfreundliche Pfarrgemeinden, in denen Kinder im Sonntagsgottesdienst einen Platz haben, ohne von den anderen als Störung empfunden zu werden. Manche lösen das kreativ, indem sie einen solchen Raum schaffen. Andere wiederum scheinen keine Lösung zu suchen und können bestenfalls einen Kinder- oder Familiengottesdienst - oft nur einen pro Monat - anbieten. In diesem Gottesdienst sind Kinder dann willkommen (bisweilen sogar mehr, als ihnen lieb ist). Den Rest der Zeit haben sie gefälligst ruhig zu sein, sich unauffällig zu verhalten, am besten so, dass die anderen KirchgängerInnen garnicht merken, dass Kinder anwesend sind.
Ich habe noch im Ohr, als ein Kaplan während eines Sonntagsgottesdienstes durch das Mikrophon eine Mutter aufforderte, sie möge der Messe doch von der Sakristei aus folgen, weil das schreiende Kind störte.
Ich erinnere mich noch an die bösen Blicke aus den vorderen Reihen, als die Tochter einer Bekannten just während der ach so heiligen Wandlungsworte sich lautstark erkundigte, wieso der Mann da vorne ein Kleid anhabe.
Von bissigen Bemerkungen älterer Glaubensgeschwister über Kinder, die sich während des Gottesdienstes von ihrem Platz in der Bank wegbewegten, könnte ich seitenweise berichten.
Kinder stören die Andacht, lärmen und rennen herum, und die Eltern haben heutzutage überhaupt die Erziehung nicht mehr im Griff, weil bei uns damals hätte es das nicht gegeben.
Das ist es nicht, was ich mir unter einer kinderfreundlichen MessbesucherInnenschaft vorstelle!
Wenn wir irgendwann die Zeichen der Zeit verstanden haben werden und den Forderungen unseres Bischofs nachkommend nicht mehr monatlich einmal einen Familiengottesdienst anbieten, sondern bei Bedarf einmal monatlich einen familienfreien Gottesdienst, bei dem keine Kinder die Andacht stören, dann reden wir weiter über kinderfreundliche MessbesucherInnen.
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