Metternich und die DDR-Granden hätten ihre Freude mit den (un?)erwünschten Nebenwirkungen des Imports US-amerikanisch-puritanischer Ideologie nach Europa.
Die USA haben im vergangenen Jahr einen neuen Präsidenten gewählt, der bald - nur noch ein paar mal zeitversetzt schlafen - im Amt sein wird. Damit endet dort die mit der Wahl Ronald Reagans angebrochene Phase, die kulturgeschichtlich je nach Perspektive und intellektueller Durchdringungstiefe unter Namen wie backlash, Neokonservativismus oder Restauration firmiert. Und scheinbar gilt die alte Regel immer noch: jede Entwicklung aus den USA kommt irgendwann einmal nach Europa, meistens zehn Jahre verspätet und oft erst just dann, wenn sie in den USA endlich wieder überwunden ist.
Es gibt Menschen, die einen Lustgewinn daraus lukrieren, wenn sie darüber bestimmen können, was andere tun oder lassen sollen. Damit sind jetzt nicht beruflich Vorgesetzte gemeint, wo das zwar schon mal vorkommen mag, aber hoffentlich die Ausnahme ist. In den USA sind es meist angehörige christlich-religiöser Gruppierungen, die ihre Vorstellungen von Leben im Großen wie im Kleinen, im Ganzen wie im Einzelnen der Gesamtbevölkerung aufbürden wollen.
Wahrscheinlich haben die angehörigen sich selbst gefragt, ob denn das wohl ginge, und so haben sie in den frühen 1980ern nach etwas Ausschau gehalten, das leicht diffamierbar, weit verbreitet und auf verschiedenen Ebenen angreifbar ist. So fanden Sie die RaucherInnen, die in fünfziger- und sechziger Jahren, besonders aber in den so verhassten Spätsechzigern zu einer nennenswerten Gruppe geworden waren. In den USA lief die Sache so gut, dass man sich in manchen Staaten schon sehr früh wieder nach anderen Opfern umsehen musste. In Arkansas, Kansas, Missouri, Oklahoma und Texas setzte man ein Gesetz durch, das Oralverkehr verbietet, in Nogales war es nach erfolgreicher Raucherbekämpfung so langweilig, dass man durch gesetzliche Regelungen Strumpfbänder und Hosenträger regulierte, in Kalifornien verbietet man es, Kinder am Überspringen einer Lacke zu hindern.
Nun ist man bei uns auch bald fertig mit den Rauchern: die Gesetze gibt es schon, die Umsetzung hapert noch ein bisschen. Aber da hilft der gute Bürger doch gerne nach: Wirte berichten in letzter Zeit vermehrt von Foto-Razzien militanter Nichtraucher, die als selbsternannte Sherrifs in Wild-West-Manier durch die Kneipen ziehen um dem Gesetz auch so richtig zum Durchbruch zu verhelfen.
Damit ist die oberste Lust-Stufe der Kleingärtner erreicht: das Verpetzen oder Vernadern, wie die Wiener sagen würde: dem Metternichschen Spitzel gleich auf der Suche nach dem Bösen, nach etwas, das böse genug ist, um sich selbst daneben gut zu fühlen!
Bislang konnte man nur lustvoll Verbotsschilder aufhängen (in den letzten Jahren wurden "Rauchen verboten"-Schilder an Orten aufgehängt, an denen man davor schon nicht auf die Idee gekommen wäre, zu rauchen - muss also auch etwas zur Befriedigung beigetragen haben), jetzt kann man quasi bis zum Äußersten gehen.
Die Raucher inzwischen können schon mal die Luftströme der eigenen vier Wände testen um mit dem Feind im eigenen Bett Kompromisse zu finden ... und die Wirte sollten schnellstens prüfen, ob sie nicht einen Lieferservice anbieten wollen.
Ach ja, noch ein PS an die Generation MTV "ich rauche nicht, denn es gibt coolere Arten zu sterben" und so:
Jetzt kommen die Bekleidungsvorschriften. Zwei Städte haben schon ein Verbot von weiten Hosen erlassen. (link)