Dienstag, 5. Januar 2010

Terror

terror, oris, m. (terreo) 1. Schrecken: externus vor auswärtigen Feinden (Livius); occ. Scheu (Christliche Texte); 2. meton. Schrecken, Schrecknis: imperii, caelestes maritimque am Himmel und im Meer (Livius); 3. Schreckensnachricht; terror affertur (Livius, Cortius Rufus).

terreo 2. ui, itus trans. 1. (er)schrecken, in Schrecken versetzen; pass. erschrecken = erschreckt werden; occ. 2. scheuchen, jagen: profugam per totum orbem (Ovid), ferras (Vergil); 3. abschrecken; mit ne, quominus.

So haben wir es gelernt - oder zumindest steht es so in unseren Schulwörterbüchern mit dem niedlichen Namen "Der kleine Stowasser".
Terror heißt also in erster Linie einmal Schrecken, als Ereignis in einem Augeblick auch Erschrecken, in der dauerhaften Form (wie die Verwendung bei Livius zeigt) ist Schrecken soetwas wie Angst und Furcht.

Auf diese Grundbedeutung des Wortes sollte man sich wieder einmal besinnen, denn aus gutem Grund wurde dieses Wort zuerst als Fremdwort, später als Lehnwort in unserer Sprache (wie auch in allen anderen, von denen ich ein bisschen Ahnung habe) für jene Gewaltakte etabliert, deren Urheber das Ziel verfolgen, Schrecken, Angst und Furcht zu erzeugen: entweder in der Bevölkerung, um die Politik damit unter Druck zu setzen, oder direkt bei einer beliebig großen Gruppe entscheidungsbefugter Personen.
Nun drängt sich mir eine Frage auf (und gleichzeitig Erstaunen darüber, dass diese Frage noch nicht von einer breiten Öffentlichkeit in Europa und den USA diskutiert wird):
Wenn der klügste Präsident der Geschichte der Vereinigten Staaten mit seinem Kampf gegen den Terror neben militärischen Aktionen dauerhafte Einschränkungen der persönlichen Freiheit verbindet, dann ist den meisten Menschen klar, dass er - sozusagen die Gunst der Stunde nutzend - massiv in die Bürgerrechte eingreift. Eine Frage, die ich bisher vermisse, ist allerdings, ob er damit nicht den Zielen des Terrorismus eigentlich eher zum Durchbruch verhilft, als den Terrorismus selbst zu bekämpfen. Da spricht einiges dafür:
Ein Terrorist oder eine Terrorgruppe können mit gezieltem Handeln eine gewisse Anzahl von Personen töten, Gebäude oder Gegenstände zerstören, allenfalls auch Infrastruktur über eine mittlere Zeitspanne lahmlegen. Das ist alles schrecklich, das steht außerhalb jeder Diskussion, und jeder Tote ist einer zu viel, denn sie alle sind Menschen mit Plänen für die Zukunft, mit Angehörigen und Freunden, denen durch den Verlust furchtbares Leid widerfährt. (Und - ein unvermeidlicher Nebensatz - wer allen Ernstes glaubt, dass dies durch die Lehren irgendeiner Religion rechtfertigbar sei, ist einfach nur dumm und wahrscheinlich selbst Fanatiker).
Das schaffen Terroristen, mehr ist ihnen nicht zuzutrauen. Den Rest der Arbeit erledigen in der Europäischen Union und in den Vereinigten Staaten die Politiker - die tragen Sorge dafür, dass sich Angst und Schrecken halten, dass sie zur Dauerinstitution werden.
Wer heute an einem Flughafen in der EU oder in den USA ein Flugzeug besteigt, ist potentieller Terrorist und wird auch so behandelt - und er sitzt im Flugzeug mit hunderten anderen potentiellen Terroristen. Es werden Taschen durchleuchtet, alles was größer ist als eine Zahnpastatube gilt als Terrorgefahr, und demnächst - daran habe ich keinen Zweifel - werden uns die Bediensteten des Sicherheitspersonals vollständig durchleuchten.
Damit ist doch eigentlich sichergestellt, dass Terror immer weitergeht, nie aufhört. Alleine hätten das die Terroristen nie geschafft.

Welche Botschaft sendet die terrorbekämpfende Politik damit an die Terroristen? Sagt man denen damit nicht: Wir haben Angst! Ihr habt eure Ziele erreicht! Wenn ihr uns noch mehr Angst macht, werdet ihr noch erfolgreicher sein!
Müsste nicht eigentlich die Botschaft von Politik an die Terrororganistationen lauten: Ihr habt keine Macht! Ihr könnt uns nicht in Angst und Schrecken versetzten! Wieviele Leute wollt ihr noch umbringen, bevor ihr einseht, dass ihr keine Chance habt? Wenn ihr berechtigte Anliegen habt, dann bringt sie vor! Schlagt Lösungen vor, redet! Menschen aus dem Leben zu reißen wird euch euren Zielen keinen Schritt näher bringen!

Wie das gehen soll, das weiß ich auch nicht. Ich kann mir kaum vorstellen, dass es vertretbar wäre, die Sicherheitskontrollen zurückzufahren. Aber es ist auch nicht vertretbar, sich von Terroristen vor sich her treiben zu lassen.

Philosophen, Politiker und Theologen aller Weltreligionen sollten einen breiten Diskurs darüber anzetteln, wie man dem Terror begegnen kann, anstatt ihm zum Durchbruch zu verhelfen.