Dienstag, 24. März 2009

Promiskuitive Prominenz und andere Plagen der Gegenwart

Verona musste eine Hausdurchsuchung über sich ergehen lassen, obwohl die eigentlich leidtragende doch wohl die Haushälterin ist, die nachher wieder zusammenräumen muss. Letterman hat heimlich geheiratet, Lindsay Lohan hat wieder einmal ein Auto geschrottet, vermutlich hat sie wiedermal vergessen, dass es beim Autofahren kein Playback vom Tonmeister eingespielt wird, Bruce Willis heiratet und will im Gegensatz zu Michael Jackson kein Kind adoptieren.
Eine schwedische Autofahrerin hatte zwischen Stockholm und Oslo eine Reifenpanne. Aber das interressiert niemanden, obwohl sie die entfernte Bekannte einer unehelichen Urenkelin des Fürsten von Liechtenstein vom Hören-sagen kennt.
Hans Krankl trainiert jetzt den LASK, aber in dieser Sportart sind die Beziehungen zwischen Mannschaften und Trainern sowieso nur Saisonabschnittspartnerschaften.
Paul Michael Zulehner war schon über 12 Stunden nicht mehr im Fernsehen zu sehen, was eigentlich ein bedenkliches Zeichen für die Objektivität der Berichterstattung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens ist, oder auch nicht.
Warum eigentlich?
Keine Ahnung!

Intellektuelle Inkontinenz und andere Plagen der Gegenwart

Es hatte alles so schön angefangen, als der 15jährige Omar auf seinem Schulweg den üblichen Schwenk zum Café um die Ecke machte. Es gab ihm jedes Mal einen Kick, nicht für die zwei Stationen zur Schule noch in die Straßenbahn zu steigen, sondern dorthin abzubiegen, wo kein Lehrer je vorbeikam und seine Freunde meist schon auf ihn warteten.
Und es wäre auch gut weitergegangen: Seine Freundin - war sie das noch? - wäre ihm erspart geblieben, und er hätte sich nicht ihren Fragen aussetzen müssen, ihrer eindringlichen Forderung nach Ehrlichkeit über die Party letzten Samstag. Und vor allem: die Schule wäre an ihm vorbeigegangen, er wäre nie mit so dummen Dingen wie dem logischen Denken der Mathematik belastet worden, niemand hätte ihm irgendwelchen Unsinn darüber erzählen können, was die inzestgeschädigten Adelshäuser vor hunderten Jahren so alles an Kriegen angezettelt haben, auch das völlig unnütze Wissen über die Kreuzung von Pflanzenarten hätte ihm niemand aufdrängen können und die ewigen Herumreitereien auf Groß- und Kleinschreibung, harten und weichen Lauten, die ihm ja dieses Schuljahr eigentlich eingebrockt haben, wären ihm auch erspart geblieben. Kein Religionslehrer hätte ihm erzählen können, was alles nicht im Koran steht, obwohl er aus seiner Familie doch wusste und sah, dass es zu seiner Religion und zu seinen Pflichten gehört. Dann diese Referate von geschniegelten und gestriegelten Mitschülern in irgendwelchen Grufti-Klamotten, die sonst nur in ihren Death-Metal-T-Shirts in der Schule auftauchten - und sowas nennt man Persönlichkeitsbildung: Das Kriegsschiff "Bismarck", der Lebensraum der Python, die Geschichte der Habsburger. Dann noch diese ewig gleichen, gutgemeinten Ratschläge. Nein, das wollte er sich heute ersparen und hatte noch einen weiteren, schlagenden Grund dafür: Die englische Sprache, ihre Grammatik und die wohl schrecklichste Lehrerin, die man haben kann, die wollte er für heute einmal aus seinem Alltag verbannen.
Sein Ausbruch aus dem Alltag ist gehörig misslungen, weil andere aus ihrem Alltag ausgebrochen waren. Als er beim Café ankam, war die Tür geschlossen, die Stühle waren auf die Tische gekippt, der Raum war dunkel und weit und breit war niemand zu sehen. Fini, die Bedienung, war genausowenig da wie ihr Mann, der sonst immer in der Küche arbeitete. Drei Minuten stand er alleine da und war völlig aus dem Konzept geworfen, bis sein Freund hinzukam. Der machte ihn dann auf die Bedeutung des kleinen, gekritzelten Zettels an der Tür aufmerksam: "Wegen Todesfall geschlossen!"
Beide versuchten natürlich, vor dem jeweils anderen ihre Betroffenheit zu verbergen, und auch die Angst, es könne sich beim Todesfall um Fini handeln, weil keiner zugeben wollte, dass ihnen die Inhaberin des Cafés schon längst sehr ans Herz gewachsen war. In ihrer Orientierungslosigkeit beschlossen die beiden, zur Schule zu gehen. Wenn es gar keine brauchbare Alternative gibt ...

Freitag, 20. März 2009

Ablenkungsmanöver?

Wunderlich, dass Papst Benedikt der XVI. auf seine alten Tage hin nun auf einmal die gängigen "Ceterum-censeos" der kirchlichen Sexuallehre für sich entdeckt. Gestern Kondome, heute Abtreibung, und letztere auch noch unter moraltheologisch kaum bis garnicht argumentierbaren Annahmen. Da muss man sich doch fragen, ob seine Berater für jeden Kontinent das passende Fettnäpfchen ausgesucht haben, oder ob es einfach nur um eine Ablenkungspolitik geht. Schade eigentlich, dass es dafür mediale Aufmerksamkeit gibt.

Freitag, 13. März 2009

Liebesinflation

Schon länger ist der Trend zu bemerken, den vor allem der US-Amerikanische Film in die deutschsprachigen Länder gebracht hat: "I love you!" kommt dort relativ leicht über die Lippen. Das scheint eine sprachliche Besonderheit zu sein, gegen die sich wenigstens in der Umgangssprache die deutschsprachige Bevölkerung zumindest eine Zeit lang gewehrt hat.
Auch wenn man in den synchronisierten Filmen immer wieder das "Ich liebe dich" als Übersetzung von "I love you" gehört hat, so ist doch dieser Satz noch lange einem Bereich oder zwei Bereichen vorbehalten geblieben: Der partnerschaftlichen Liebe und allenfalls noch der Liebe zwischen Eltern und Kindern.
Mit "I love you" im amerikanischen Englisch ist das etwas ganz anderes: das kann man zu Verwandten sagen, zu Freunden und Bekannten. Man kann es sogar als Bühnenkünstler einem ganzen Saal voller zahlender BesucherInnen zurufen.
Bedenkt man den Einfluss, den amerikanische Kultur (falls man das so nennen darf) und Sprache auf Europa sonst haben (Stichwort "Sinn machen"), dann mag es im Nachhinein eigentlich verwundern, dass es eines Mediums wie des Internets bedurfte, bis auch diese Eigenart auf Europa übergriff.
Das amerikanische "I love you", das keine Differenzierung mehr zulässt zwischen bloßer Sympathie, freundschaftlicher Zuneigung und partnerschaftlicher Liebe, wurde lange Zeit hindurch durch andere Sätze vertreten: "Ich mag dich." "Ich hab dich lieb." "du bist mir wichtig."
Heute ist das anders: In diversen Chatrooms und Kommunikationsprogrammen schwirren die Herzen nur so durch die Gegend. "Ich liebe dich" ist wie das amerikanische "I love you" zu einer Hohlphrase geworden, die auch unbedacht und ohne große Folgen an jemanden geschickt werden kann. Solche Liebesbekundungen können per sms verschickt werden und in Chatrooms veröffentlicht werden. Neulich las ich auf einer Homepage sinngemäß "Ich liebe alle, die auf meine Seite kommen."
Mit dem Vermissen scheint es ähnlich zu sein.
  • "Du warst 5 Minuten nicht online, ich hab dich sooo vermisst!" -
  • "Ich war am Klo" -
  • "Schrecklich." - "Wo in Deutschland wohnst du eigentlich?"
Die große Frage, die sich mir stellt: Was tun, wenn man wirklich jemanden liebt? Was, wenn man jemanden vermisst, so dass man sich selbst alles andere als ganz fühlt?